Ausnahmen bestätigen die Regel.
Menschliche Partnerschaften sind in vielen Fällen kein Abbild von Harmonie und Perfektion, sondern Konstrukte zum Ausgleich individueller Unzulänglichkeiten. Die Partner kompensieren für sich gegenseitig unreife Aspekte der Psyche.
Das klappt am besten bei Menschen, die in vielerlei Hinsicht Mittelmaß verkörpern. Bei ihnen ergeben sich große Schnittmengen zwischen den Bedürfnisprofilen. Das ist auch der Grund, warum Partnerschaften de facto das vorherrschende Gesellschaftsmodell sind.
Viel schöner – und viel seltener – sind wahre Liebesbeziehungen, die nicht kompensatorischer, sondern synergetischer Natur sind. Die zwei Liebenden ergänzen sich nicht vorwiegend in ihren charakterlichen Mängeln, sondern im Schnitt ihrer Interessen und des gegenseitigen Verständnisses.
Letzteres ist umso schwieriger zu finden, je mehr man sich vom Durchschnitt der Bevölkerung unterscheidet. Man braucht dazu enorm viel Glück, was nicht jedem beschieden ist.
Frauen wollen immer die große Liebe. Sie verkennen dabei, dass man viele sinnliche Freuden im Leben verpasst, wenn man auf etwas wartet, dessen Erfüllung vom Zufall der Begegnung abhängt. Als Mann sehe ich hingegen gar nicht ein, nicht auch die flüchtige Nähe von mir sympathischen, attraktiven Menschen zu genießen. Das Leben ist kurz und nicht nur die Seele hat Bedürfnisse. Warum soll man sich Freuden nehmen, anstatt das Schicksal genußvoll zu ertragen?
Es ist doch ein falscher nonnenhafter Geist daran zu glauben, dass die Erlebnisse – ob geistiger oder vor allem sexueller Art – mit einem anderen Menschen nur dann wahrhaftig wären, wenn man sich für den Rest des Lebens an diesen Menschen bindet. So ein Quatsch. Nicht jedes – oft voreilig als ONS antizipiertes Abenteuer – ist schlecht, wenn es doch die Basis für ein tieferes sich Kennenlernen sein kann. Wichtig ist, dass die Chemie stimmt und man sich mag. Alles andere sind überzogene Erwartungen und Beschneidungen der Freude.
Viktor Koss
Dezember 20, 2015 at 2:00 pm
Die Unterschiede zwischen Ehemännern sind so gering, dass man ruhig den ersten behalten kann.
Adela Rogers St. John