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Frage nach der Verantwortung

18 Jan

Dreizehn Jahre ist es her, dass Amerika auf eigenem Territorium angegriffen wurde und dadurch ein Trauma erlitt. Seitdem ist viel passiert. Amerika hat den für das Attentat Verantwortlichen Rache geschworen, ist in zwei Kriege gezogen und hat den Heimatschutz zum obersten Staatsziel erklärt. Oberflächlich betrachtet kann Amerika nach all den Jahren Erfolge vorweisen: Saddam Hussein und die Taliban in Afghanistan wurden in der Staatsführung entmachtet und Osama Bin Laden wurde zur Strecke gebracht. Doch all dies verblasst gegenüber der Vielzahl neuer Probleme, die dadurch geschaffen wurden.

Die Taliban erstarken wie nie zuvor. Der Hass auf Amerika hat sich erneut intensiviert und zu aller letzt hat sich Amerika dazu hinreißen lassen seine demokratischen Ideale zu verraten und die Grundlagen eines totalitären Machtapparates zu etablieren. Noch fühlt sich die Welt dadurch nicht unmittelbar bedroht. Aber politische, so wie gesellschaftliche Systeme sind in stetem Wandel und wir können nicht absehen, was in Zukunft aus diesen Bedingungen erwächst.

Eines jedoch konnte man frühzeitig absehen. Und zwar den Schockzustand der amerikanischen Bevölkerung und das Gefahrenpotential, dass dieser von der politischen Elite für einen gnadenlosen Rachefeldzug ausgenutzt werden würde. Mir war das damals jedenfalls klar, so erinnere ich mich. Präsident Bush Junior und den „Falken“ um ihn herum war genau dies zuzutrauen. Ihre Rambo-Mentalität war auch damals schon bekannt. Tatsächlich kam der Anschlag am 11. September 2001 zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, den man sich aus Sicht eines Bush-Kritikers damals denken konnte. Die ganze Welt reagierte bereits enttäuscht auf Bushs Art der amerikanischen Außenpolitik. Die USA waren dabei sich zu isolieren. Wäre es nicht zu dem Attentat gekommen, hätte Amerika trotzdem eine schwere Zeit erlebt. Doch das Attentat fand statt und veränderte alles, wirklich alles. Fukushima ist (bisher) ein Tropfen im Ozean dagegen. Mit einem mal richtete sich die Solidarität der ganzen Welt auf Amerika aus und es wurde ein amerikanisches Jahrzehnt der Weltgeschichte eingeläutet.

In dieser Situation gab es wenig Alternativen. Die Schutzmacht USA forderten unmißverständlich Bündnistreue von all ihren Partnern ein. Und doch möchte ich gerne ein „Aber!“ anführen. Denn ich möchte die Frage der Verantwortlichkeit für das zurückliegende Jahrzehnt der Umgestaltung unserer Weltordnung an unsere damaligen Politiker, im Besonderen an unseren Altkanzler Gerhard Schröder, stellen. Die leichtfertige Zusicherung der „uneingeschränkten Solidarität“ setzte für Deutschland die Weichen für alle kommenden Entwicklungen. Es führte Deutschland in den Afghanistan-Krieg und hinter den Kulissen in dreckige Geheimdienstspielchen wie im Falle Murat Kurnaz.

Wie schon in den letzten Wochen in diesem Blog aufgearbeitet, hängt Deutschland in jeder Hinsicht von den USA ab und konnte sich all dem nicht entziehen. Dennoch hätte man vor dem Hintergrund des charakterlichen Profils von Präsident Bush eine klügere, wenn auch diplomatische, Losung für Deutschlands Bekenntnisse finden müssen. Ich erinnere mich, dass ich als Deutscher mit meiner Wahrnehmung nicht alleine dastand, dass dies ein politischer Fauxpas mit schlimmen Konsequenzen sein könnte. Wir haben in diesem Moment unser Schicksal noch enger an Amerika gebunden. Über Alternativen kann man sich streiten, nicht aber über den Zeitpunkt. Man sollte sich nicht in ein Boot voll mit Menschen unter Panik setzen, sondern stattdessen mit dem nötigen Abstand versuchen, ihnen nach besten Kräften aus ihrem Schockzustand zu helfen, bevor man weitere Schritte plant.

Amerika baut seitdem einen gigantischen Apparat der Terrorbekämpfung auf und verstrickt dahinein die Geschicke der ganzen Welt. Wir haben uns der Einspruchmöglichkeiten beraubt, wodurch z.B. ein europäischer Vorstoss gegen das Echelon-Projekt zunichte gemacht wurde, obwohl schon damals das Ausmass amerikanischer Überwachung bekannt war. Ich wage nicht abzuschätzen, wie es weiter gehen wird, wenn unsere Politiker sich nicht endlich wieder zu einer klareren Haltung durchringen können, die Amerika Grenzen aufweist. Ein paar Anfänge wurden immerhin schon gemacht, aber es ist noch lange nicht genug. Damals, kurz nach den Anschlägen, hatten wir vielleicht kaum Alternativen. Aber ein paar Jahre danach hätte man sich wieder besinnen müssen.

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