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Die Menschen zwischen den Zeilen

30 Mär

Der herbeigesehnte Augenblick erfüllt sich. In einem Regal vor mir erblicke ich es endlich. Keinen Moment lang zögere ich. Das Buch ist schnell gekauft und die gemütliche Couch lockt mich aus der Ferne. Natürlich freue ich mich auf den neuesten Bestseller, der zuvor in China alle Kassenrekorde geknackt hatte. Nun ist er endlich als deutsche Übersetzung erschienen. Nichts steht mehr meinem Lesevergnügen entgegen. Insbesondere nicht die Sprache.

Auf dem Weg nach Hause komme ich ins Grübeln… Ist es nicht einen Gedanken wert, dass der Roman, den ich in Händen halte, zweimal geschrieben wurde!?

Es geht mir um die Kunst des Übersetzens. Denn zwischen mir und dem Originalwerk steht offenkundig die „Handschrift“ eines Literaturübersetzers. Und eines ist klar. Als Mittler der Sprachen muss er selbst ein guter Autor sein, damit das Lesevergnügen und die Tiefe der Erfahrung für mich erhalten bleibt.

Und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Respekt bekomme ich vor diesem Berufsstand. Es muss doch schwierig sein, die Ideen eines Anderen zu präsentieren, als wären es die eigenen; sie für ein heimisches Publikum zum Leben zu erwecken und dabei stets im Hintergrund zu bleiben. Wie vermittelt man die individuelle Ausdrucksweise eines Autors in einer anderen Sprache?

Das Übersetzen von Büchern setzt sprachliches Können, Genauigkeit und Kreativität voraus. Selbstverständlich gilt als oberstes Prinzip, dass die Inhalte korrekt vermittelt werden müssen. Aber gleichzeitig sollte sich der Übersetzer so weit von der Vorlage lösen, dass er den sprachlichen und kulturellen Besonderheiten (z. B. Metaphern) gerecht wird. Auf keinen Fall darf der Inhalt plump übersetzt werden, ohne dabei auf den Lesefluss zu achten. Das alles zusammen genommen ist eine grosse Herausforderung. Wer selbst schon mal Übersetzungen gemacht hat, der wird wissen, wie schwierig das ist.

Literaturübersetzer verdienen mit ihrer Tätigkeit wenig Geld. Der Verband deutschsprachiger Literaturübersetzer weist darauf hin, dass viele Übersetzer mit ca. 1000 Euro im Monat auskommen müssen. Bezahlt wird pro Normseite.

Ich selbst bin keine ausgenommene Leseratte, zumindest was Literatur betrifft. Deshalb bleibt meine Schilderung der Herausforderungen und der künstlerischen Seiten dieses Berufs naiv. Aber ich möchte gerne mit diesem Blogeintrag den Menschen zwischen den Zeilen meinen Dank ausdrücken und sie kurz ins Rampenlicht holen.

Dazu habe ich zwei Quellen rausgesucht, bei denen Literaturübersetzer über ihren Beruf Auskunft geben. Einen Artikel von der Literaturübersetzerin Eva Bonné und ein Video mit Interviews.

Eva Bonné: Literaturübersetzer sind arm, aber sexy?

 

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3 Kommentare

Verfasst von - März 30, 2013 in Bücher, Tiny's Gedanken

 

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3 Antworten zu “Die Menschen zwischen den Zeilen

  1. yt

    April 6, 2013 at 8:14 am

    Ja. Gut beobachtet.

    Ich zähle diese Menschen zu der Gruppe der Unsichtbaren.
    Müllmänner/frauen, Kanalarbeiter, Zimmermädchen/jüngchen, Fabrikarbeiter, Mediendesigner, Auszubildende im Handwerk, Synchronsprecher, Tontechniker, Cutter, … (innen)

    Man sieht die Arbeit, aber sieht die Menschen idR nie.
    Wir leben in einer merkwürdig abstrahierten Welt.

    Viel Spaß beim Lesen,
    yt

     
  2. gnaddrig

    April 28, 2013 at 10:25 pm

    Ich beackere als Übersetzer fast ausschließlich technische Texte. Das ist nicht immer einfach, aber man hat wenigstens nie Probleme mit der Sprachebene, Humor, zwischen die Zeilen Geschriebenem usw. Der Inhalt ist (wenn das Zeug korrekt geschrieben ist), eindeutig und, sagen wir, eindimensional.

    An schöne Literatur würde ich mich so ohne weiteres nicht herantrauen. Höchstens als Hobby, wo es nicht schnell gehen muss und ich solange am Text basteln kann, bis er mir gefällt. Wer das als Broterwerb macht, hat meine Hochachtung!

     

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